Kinder lernen in den ersten Lebensjahren am meisten.

Kinder lernen in einer vertrauensvollen Umgebung am besten. (vergl. Groot-Wilen und Leslie Warda: "Entwicklungsgespräche in Kindergarten und Kita)

 

Das heißt: eine Tagesmutter übernimmt zusätzlich zu den Eltern ein Kind in der lernintensivsten Phase seines Lebens, was eine große Verantwortung darstellt, da hier viel Förderung nötig ist.

Und es heißt: die Tagesmutter gibt viel, damit ein Kind (und dessen Eltern) zu ihr eine gute Beziehung entwickeln können. Außerdem ist sie für eine Wohlfühlumgebung verantwortlich.

 

Jedes Lebensalter bringt sogenannte Entwicklungsaufgaben mit sich, die sich dem Individuum stellen. Ihre erfolgreiche Bewältigung führt zu Glück und Erfolg. Das Versagen macht unglücklich, führt unter Umständen zur Ablehnung durch die Gesellschaft und zu Schwierigkeiten bei der Bewältigung späterer Aufgaben  (vergl. "Handbuch Kinder in den ersten drei Lebensjahren", Seite 21).

Die Bewältigung der Entwicklungsaufgaben gelingt bei Kleinkindern am besten unter guten Rahmenbedingungen: liebevolle Bezugspersonen, eine anregende Umgebung, Sicherheit im Tagesablauf.

 

Bei kleinen Kindern wächst das Gehirn rasant (von 400 Gramm bei der Geburt bis zu 1000 Gramm im Alter von 2 Jahren).

Entwicklung ist Lernen. Lernen wird oft als sinnvolle, zweckgebundene Aneignung von Wissen und Können verstanden. Spielen gilt als zweckfreies Tun. Kleine Kinder jedoch lernen durch Spielen und dieses Spielen hat ganz ähnliche Merkmale wie gelungenes Lernen.  Mit dem Spiel streben die Kinder nach Sinn und Erkenntnis. Sie erforschen alles mit höchster Aufmerksamkeit, in allen Einzelheiten, mit Ausdauer und Konzentration. Sie spielen mit großem Ernst.

Die Forschung weiß heute, dass beim Lernen und Spielen die Eigenaktivität des Gehirns sehr bedeutend ist. Es geht nicht darum, Wissen zu empfangen, sondern selbst die Welt, sich selbst, die anderen Menschen und Tiere zu entdecken, anzufassen, zu hören, zu sehen, zu schmecken, zu riechen und so weiter. Das Fernsehen oder die digitalen Medien können dies nicht bieten. Kinder, die schon im zarten Alter lange vor diesen sitzen, haben weniger Möglichkeiten , sich selbst zu bilden und entwickeln - so weiß man heute - bei großem TV-Konsum oder großem Konsum digitaler Medien Beeinträchtigungen.

Emmi Pikler (1902 - 1984) formulierte das so: "Ein Kind, das durch selbständige Experimente etwas erreicht, erwirbt ein ganz andersartiges Wissen als eines, dem die Lösung fertig geboten wird."

Unsere Aufgabe als Erwachsene ist es, Kindern eine sichere, liebevolle, anregungsreiche Umgebung zu bieten, damit sie spielen und sich selbst bilden, damit sie sich lustvoll selbst entwickeln, ihre Entwicklungsaufgaben meistern und für neue Erkundungen motiviert bleiben.Dafür brauchen sie Zeit, Raum und Vertrauen.

So passiert lebenslanges Lernen.

(vergl. "Handbuch Kinder in den ersten drei Lebensjahren" S. 24 und "mein Beruf Tagesmutter/Tagesvater", S. 58 ff)

 

Die Kindertagespflege (= Kind ist in der Obhut einer zertifizierten Tagesmutter) ist eine Bildungseinrichtung:

 

In den neuen Bundesländern hatte eine fast umfasssende Krippenversorgung existiert, und in den Krippen dort arbeiteten sogenannte Krippenerzieherinnen, die speziell für die Arbeit mit null- bis dreijährigen Kindern ausgebildet waren.

In den alten Bundesländern wurde die Fremdbetreuung von Kindern im frühen Kindesalter von vielen als schädlich angesehen. Es hatte vereinzelt Krippen gegeben, doch diese waren lange als reine Pflegeeinrichtung betrachtet worden, in denen Kinder von Kranken-, Kinderkranken- und Säuglingsschwestern versorgt wurden.

 

Im Jahr 2001 erlebte die Bundesrepublik Deutschland den Pisa-Schock.

 

In der Folge wurden Gedanken zur Reform des Bildungswesens stärker diskutiert und auch die Sicht auf die Kleinkindpädagogik verstärkt. Es wurden Bildungspläne erarbeitet, die man auf der homepage "Bildungsserver" nachlesen kann.

Die Schwerpunkte der Bildungspläne der einzelnen Bundesländer liegen auf den Bildungsbereichen:

- Sprache und Kommunikation

- soziale und emotionale Entwicklung

- Bewegung und Gesundheit

- naturwissenschaftliches Wissen

- musische Bildung und Förderung von Kreativität

- Kultur- und Umgebungswissen.

Eine Diskussion über verbesserte Rahmenbedingungen und Qualitätsstandards setzte ein. Kindertagespflegepersonen (Tagesmütter) und die in Krippen Tätigen mussten sich (nach)qualifizieren. Schwerpunkte der Nachqualifizierung waren Entwicklungspsychologie, die Beobachtung der Kinder unter Zuhilfenahme von Entwicklungstabellen, Pflege als pädagogischer Prozess, Förderung der Selbständigkeit von Kindern und frühes Lernen.

Das Meiste in ihrem Leben lernen Kinder bereits vor der Schule und besonders in den ersten Lebensjahren: die Sprache, die Bewegungskoordination, das Laufen....

Kleinkinder verlangen nach einer eigenen Pädagogik unter Berücksichtigung entwicklungspsychologischer Erkenntnisse. Im Mittelpunkt der Gestaltung und der Reflexion der Arbeit mit unter Dreijährigen sollte die Qualität der Bindungen des Kindes an die Bezugspersonen inner- und außerhalb der Familie stehen.

 

Was brauchen Kinder im Krippenalter und Kleinstkinder? Berry Brazelton und Stanley Greenspan (Experten auf dem Gebiet der Kinderheilkunde und - psychiatrie) erkannten folgende Bedürfnisse:

- das Bedürfnis nach beständigen, liebevollen Beziehungen

- das Bedürfnis nach körperlicher Unversehrtheit

- das Bedürfnis nach individuellen Erfahrungsmöglichkeiten

- das Bedürfnis nach entwicklungsgerechten Erfahrungen

- das Bedürfnis nach Grenzen und Strukturen

- das Bedürfnis nach stabilen, unterstützenden Gemeinschaften und nach kultureller Kontinuität

- das Bedürfnis nach einer sicheren Zukunft.

 

Brazelton und Greenspan postulieren, dass Kinder in der frühen Kindheit ohne die Befriedigung der vorgenannten Bedürfnisse nicht wachsen, lernen und gedeihen können.

 

Es kommt - vor allem bei Kleinkindern und Säuglingen - auf die Beziehungsqualität an: Blickkontakt und direkte Interaktion mit jedem einzelnen Kind.

 

Besonders die unter Dreijährigen brauchen häufigen und engen Kontakt zu ihrer Bezugsperson/Tagesmutter: Herumtragen, mimische Spiele, Phantasiespiele, Ansprache, Körperkontakt...(Die Mutter kann ihm diesen engen Kontakt allerdings viel häufiger geben, weil sie in der Regel nur ein oder zwei kleine Kinder bei sich hat. Die Tagesmutter gibt so viel, sie kann, doch das ist bei Fünfen individuell weniger als bei einem Kind.) Während das Kind selbst aktiv ist, beschreibt die Tagesmutter, was es tut, als würde sie/er ihm eine Geschichte erzählen. Das Kind spürt das Interesse an ihm und dem, was es tut. Die Bezugsperson, Tagesmutter muss Bodenpädagogik" machen = sich auf den Boden, auf Höhe der Kleinen herablassen und das Leben begleiten und mitgestalten. Sie muss nicht ständig etwas mit dem Kind machen (Es kann und soll auch alleine tun.), aber sie soll jederzeit verfügbar und antwortbereit sein. Sie muss Mut haben, ihre eigene Kleinkindpädagogik täglich - ausgehend von den ihr anvertrauten Kindern- zu entwickeln, da unter Dreijährige eben keine "verkleinerten Kindergartenkinder" sind, auf die man - alles etwas vereinfachend und verkleinernd - Kindergartenkonzepte anwenden kann.

Auf diese Weise werden die Kleinen liebevoll beim Erforschen und Erkennen der Welt begleitet.

(vergleiche Vortrag "Die Kleinen kommen. Braucht die Kinderkrippe eine eigene Pädagogik?" von Ingeborg Becker-Textor im online-Handbuch "Kindergartenpädagogik)